Hochverehrte Festversammlung!

 

Hermann Wiegand geht in den Ruhestand. Er, der unermüdliche, geradezu die Verkörperung des KFG! Was viele sich nicht vorstellen konnten oder wollten, er selbst vielleicht am allerwenigsten, das ist jetzt schon ganz nahe gerückt. Nur wenige Tage noch, dann wird das Ende einer Ära erreicht sein – so kommt man nicht umhin die 18 Jahre dieses Rektorats zu bezeichnen. In meinem notgedrungen kurzen Redebeitrag kann ich keine eingehende Würdigung der Leistung des nun von uns Scheidenden vornehmen. Wer sie ermessen will, muß vor allem die heutige Lage des KFG mit derjenigen vergleichen, die Hermann Wiegand bei seinem Amtsantritt vorgefunden hat. Damals war angesichts ständig sinkender Anmeldezahlen der Fortbestand des so traditionsreichen humanistischen Karl-Friedrich-Gymnasiums ernstlich gefährdet, heute dagegen haben wir trotz der langwierigen Baumaßnahmen Anmeldezahlen, die wir auf Dauer gar nicht bewältigen können, auch wenn wir auf Bitten des Regierungspräsidiums für das kommende Schuljahr wieder Fünfzügigkeit in der Jahrgangsstufe 5 ermöglichen werden und damit am äußersten Rand unserer Kapazitätsgrenzen angelangt sind.

 

Fragt man, worauf die besondere Attraktivität des KFG beruht, so findet man sicher keine einfache Antwort, denn man stößt auf ein nicht leicht zu analysierendes komplexes Bündel vielfältiger Faktoren. Aber es ist kaum zu bestreiten, daß man, wen man einzelnen von ihnen nachspürt, fast immer sehr bald auf eine Verbindung zu Hermann Wiegand stößt. Er steht als umfassend gebildete verantwortliche Persönlichkeit, als Initiator und Motivator, als Ratgeber und Vorbild, als Mahner und machmal auch als Kritiker hinter dem meisten, was den Erfolg dieser Schule ausmacht. Er ist es, dem Schülerinnen und Schüler vertrauen und an den sie sich wenden, weil sie vom ersten Tage ihres Hierseins an die Erfahrung machen, daß sie ihm wichtig sind, da er jedes bei seinem Namen kennt, daß er, der Respektgebietende, ihnen mit Respekt begegnet, daß sie und ihre Sorgen ihm am Herzen liegen. Er ist es, dem die Eltern ihre Kinder gern anvertrauen, weil sie spüren, daß ihm keines gleichgültig ist und er alles in seiner Macht stehende unternehmen wird, um ihr Gedeihen und ihren Erfolg zu fördern. Er ist es, der den Kolleginnen und Kollegen mit seiner Einsatzfreude steter Ansporn, mit seinem fast grenzenlosen und manchen bisweilen wohl auch einschüchternden Wissen ernste Mahnung, mit seiner Gelassenheit, seiner Geduld und seinem Humor für ihr eigenes Wirken Vorbild und zugleich eine Erhellung ihrer Tage ist. Förderverein, Altherrenverband und Elternbeirat sowie zahlreiche einzelne Eltern hat Hermann Wiegand mit seiner Persönlichkeit zu engagierter Mitarbeit motiviert. Gerade hier zeigt sich, daß die von Hermann Wiegand liebevoll betriebene Traditionspflege und die mit Augenmaß vorangetriebene Innovation kein Widerspruch sein müssen, sondern in ihrer Verbindung gleichermaßen Kräfte freisetzen für eine Schule als überzeitliche Gemeinschaft, ihre Identität und ihre lebendige Entwicklung sind.

 

Hermann Wiegand weiß, daß, bei aller Bedeutung von Planung und Organisation, Bildung niemals das Ergebnis von Planung und Organisation allein sein kann, sondern daß sie aus der lebendigen, absichtslosen, wertschätzenden Begegnung mit Dingen und Menschen erwächst, daß sie sich nicht auf das vermeintlich Verwertbare limitieren lassen darf, daß sie keinem bloßen Zweckrationalismus verpflichtet ist, daß ihr höchstes Ziel, die Urteilskraft, als Voraussetzung für die Übernahme jeglicher Form von Verantwortung, nur auf der Grundlage positiver zwischenmenschlicher Erfahrungen und breitest angelegter Wissensbestände zu erlangen ist und daß es die große Illusion unserer Tage ist zu glauben, es sei möglich, alle für eine aktuelle Entscheidung nötigen Informationen mit technischen Hilfsmitteln ad hoc abzurufen, ohne zu bedenken, daß schon das Stellen sinnvoller Fragen und erst recht das Setzen sinnvoller Ziele vorhandenes Wissen und Wertebewußtsein voraussetzen. Hermann Wiegand weiß schließlich, daß Menschen, auch er selbst, nicht frei sind von Fehlern und daß sie deswegen, gerade auch in einer Führungsposition, auf Geduld und Nachsicht ihrer Mitmmenschen angewiesen sind

 

Durch Dein Wirken hast Du, lieber Hermann, etwas zustande gebracht, das Deiner Eitelkeit, ein Laster, von dem Dich freizusprechen nicht meines Amtes ist, nicht schmeichelt, nämlich das KFG auf einen Weg zu bringen, der es bis an den Punkt geführt hat, von dem aus es nun ohne Dich weitergehen muß, aber auch weitergehen kann. Du hast Dich paradoxerweise gerade durch Deinen Erfolg als Schulleiter schließlich gewissermaßen um Deine Unentbehrlichkeit gebracht – eher der Mensch als der Schulleiter Hermann Wiegand wird hier eine nicht zu schließende, schmerzliche Lücke hinterlassen. Für alles, was Du für unsere Schule geleistet hat, und für die stets konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Personalrat, für Dein immer offenes Ohr und ganz persönlich für die Freundschaft, die Du mir erwiesen hast, danke ich Dir von Herzen und schließe in diesen Dank Deine Frau mit ein. Sie hat Deinen großen Zeiteinsatz immer mitgetragen und war, ist und bleibt Dir bei allen Deinen Belastungen ein unentbehrlicher Rückhalt. Für die Zukunft wünsche ich Dir und Euch beiden im Namen des ganzen Kollegiums alles Glück, Gesundheit und Zufriedenheit und daß Du in Deiner neuen Lebensphase endlich die Muße für Deine Bücher, als Verfasser der Hodoeporica auch für Reisen und für die wissenschaftlichen Ziele findest, die Du Dir vorgenommen hast.

Ich bin mir sicher, daß Du die Verbindung mit Deinem KFG nicht abreißen lassen wirst, auch wenn dann ein anderer an Deiner Stelle stehen und seine Geschicke in der ihm eigenen Weise lenken wird. Auch Deinem Nachfolger wünsche ich zum Wohle unseres Gymnasiums eine gute Hand und den Erfolg, den wir uns alle erhoffen.